In der Kurzgeschichte "Flitterwochen, dritter Tag" von Gabriele Wohmann, 1975 veröffentlicht,
geht es um ein frisch verheiratetes Ehepaar.
Nach meinem ersten Leseverständnis, beschreibt die Kurzgeschichte eine sich anbahnende Beziehungskrise.
Reinhard und seine Frau sitzen auf einer Bierkneipenterasse. Die beiden unterhalten sich, jedoch
konzentriert sich Reinhard lediglich auf vorbei fahrende Schiffe und den Strand. Seine Frau
schenkt ihre Aufmerksamkeit der Warze ihres Mannes. Als er die getrunkenen Biere bezahlt hat,
verlassen beiode die Bierkneipenterrasse.
Der Text gliedert sich inhaltlich in zwei Abschnitte. Abschnitt 1 befasst sich mit der Situation
im Biergarten und dessen Verlauf.
Der 2. Abschnitt stellt den inneren Monolog der Frau dar, die sich komplett auf die Warze konzentriert.
(Z.9, 14, 24, 30, 37) Anzumerken ist, dass diese inhaltliche Sprengung des Textes sehr fließend wirkt.
Die Erzählperspektive ist durchgehend fixiert auf die Frau. Belege dafür sind die vielen inneren Monologe
der Frau (Z. 9, 14, 24) mit Blick auf die Warze.
Die Erzählhaltung ist personal und durch die Ich-Perspektive (Z. 20 "Du und Ich") nah am Geschehen. Es
lassen sich keine Kommentare, Ironie oder sonstige Wertungen der Autorin finden.
Die Kurzprosa beinhaltet zwei Protagonisten mit Reinhard und seiner Frau. Dabei scheint der Mann
jedoch seiner Frau übergeordnet (Z. 22-23, "Reinhards Lieblingsgerichte, dann meine"; Z. 26-27, "Tee
von Reinhards Großhändler"). Seine Frau bietet sich ihm regelrecht dar und versucht häufig mit ihm einig zu
sein. (Z. 27, "Nett so einig zu sein").
Das Frauenbild Reinhards ist klischeehaft und konservativ. Er will
sogar, dass seine Frau ihre Arbeit aufgibt (Z. 2-3, "Du wirst deine Arbeit aufgeben. Du wirst einfach
kündigen").
Die Situation zwischen den beiden ist angespannt (Z. 40, "Gewitter stand unmittelbar bevor"), jedoch
versucht seine Frau ihm vieles recht zu machen und umgarnt ihn (Z. 57-58, "Freust du dich Schatz?")
Die Ehe wirkt viel mehr als Zweckbeziehung zwischen den beiden. (Z. 13, "Die Wohnung mit günstiger Lage")
Beachtet man nun die sprachlich-stilistischen Mittel, so gerät die Warze, (Z.9, 14, 24, 30) besonders
in den Mittelpunkt. Die Frau vergleich die Warze ihres Mannes mit einem "Polyp" (Z. 9), einer Narrenkappe
(. 24) und sogar mit dem Werk eines neukatalanischen Künstlers (gemeint ist Antonio Gaudi).
Sie konzentriert sich regelrecht auf diese Warze, die symbolisch für den schlechten Teil von Reinhard
steht und den sie unfreiwillig mitgeheiratet hat.
Ein weiteres Stilmittel von Gabriele Wohmann ist das Wetter, mit dem sie Stimmungen ausdrückt. (Z. 3-4 "Es
war fast windstill, die Luft feucht") (Z. 40 "Gewitter stand unmittelbar bevor, unser Zusammenleben auch")
Betrachtet man den Konfliktverlauf, so beginnt dieser schon zu Beginn (Z. 2, 3). Reinhard verlangt von
seiner Frau ihren Job zu kündigen, damit sie sich vollkommen um ihn kümmern kann (spekulativ). Des Weiteren
bietet das Szenario Biergarten am Nachmittag wohl keine schöne Situation für seine Frau, die sogar über
seine Seitensprünge durchs Fernglas hinweg sieht. Reinhard schiebt ein Schiff als Ausrede vor, was
schlussfolgern lässt, dass diese Beziehung keine tiefgründige ist.
Vergleicht man nun die fehlerhafte Kommunikation mit dem Modell von Friedemann Schulz von Thun, so hat nach
ihm eine Kommunikation immer vier Teilaspekte. Zu einem der Sachinhalt, also die reine Information.
Zusätzlich die Selbstoffenbarung, die Informationen die man über sich selbst bekannt gibt. Die Beziehung,
wie man zu dem anderen steht, ist ein weiterer Punkt im Kommunikationsmodell von Schulz von Thun. Zuletzt
ist der Apell zu nennen, der die Intention der Kommunikation meint.
In der Kurzgeschichte werden diese vier Punkte nicht "beherzigt" und nur auf den reinen Informationsaspekt
(Sachebene) gedeutet, was offensichtlich zu Missverständnissen führt.
Nach Paul Watzlawick fehlt es ab der Deutung der nonverbalen Kommunikation. Beide kommunizieren zwar
verbal, beachten aber nicht das nonverbale Verhalten (Gesten und/oder Mimiken).
Setzt man nun die Analyse mit der Interpretationshypothese in Verbindung, so wurde Ich bestätigt. Es liegt
eine ernsthafte Bezeihungskriese vor, die durch eine fehlerhafte Kommunikation begünstigt wird.
Insgesamt ist der Prosatext unrealistisch, denn im Text liegt keine Lieber vor, weshalb man sich fragen
sollte, warum diese Personen überhaupt geheiratet haben. Der Text ähnelt anderen Kurzgeschichten von
Gabriele Wohmann, in denen sie Familienprobleme aufgreift. Insgesamt ist die Geschichte auf den ersten
Blick durch den geteilten Inhalt nur schwer verständlich, jedoch typisch für eine Kurzgeschichte mit der
Problematik Kommunikation.