In dem Gedicht "Latrine" von Günter Eich 1948 veröffentlicht, geht es um die Beschreibung einer Szenerie,
nahe einer Toilette. Das Gedicht ist der Nachkriegslyrik zuzuordnen.
Nach meinem ersten Leseverständnis will der Autor mit seinem lyrischen Werk ausdrücken, wie katastrophal
die Zustände (in dem Gedicht besonders die hygienischen) kurz nach dem 2. Weltkrieg waren.
Strophe Eins handelt von einem lyrischen Ich, welches sich auf einer schmutzigen Toilette befindet.
Der nächste Abschnitt beschreibt die unmittelbare Umgebung. Die Strophe darauf übermitteln die Gedanken
des lyrischen Ichs und die Strophe Vier gibt die schwebenden Wolken wieder.
Das Gedicht besteht aus vier Strophen mit jeweils vier Versen. Insgesamt hat das Gedicht also 16 Verse.
Das Metrum ist ein dreihebiger Trochäus (mit Abweichungen). Die Reimart ist unregelmäßig, aber als
Kreuzreim zu erkennen. Das Reimschema ist abcb, cded, fghg, ijij.
Anzumerken ist, dass Eich sich das Mittel des Augenreims bedient. Dabei reimen sich die Wörter nur vom
Wortstamm her, aber nicht beim Lesen. Die Kadenzen sind überwiegend männlich und die Betonung der letzten
Silbe häufig stumpf.
Strophe Eins beginnt mit der Beschreibung des lyrischen Ichs, das es auf einer Toilette sitzt bzw. hockt
(V.4). Dabei ist die Toilette in einem unmenschlichen Zustand und das Toilettenpapier mit Blut und Urin
verdreckt (V.2). Das spricht eindeutig für eine Gemeinschaftstoilette kurz nach Ende des 2. Weltkriegs.
Vervollständigt wird das ganze von "funkelnden Fliegen" (V.3), die das lyrische Ich scheinbar nicht als
Störung ansieht. Daraus lässt sich folgern, dass derartige Zustände kurz nach dem 2. Weltkrieg für große
Teile der Bevölkerung, Standard waren.
Strophe Zwei beginnt im Gegensatz zu der vorherigen Strophe mit der Beschreibung der Landschaft. Dabei
sieht das lyrische Ich auf ein bewaldetes Ufer (V.5), ein paar Gärten sowie ein gestrandetes Boot (V.6),
das symbolisch für den gescheiterten Zweiten Weltkrieg steht.
Die Verse 7 und 8 beginnen erneut mit der Beschreibung der Toilette. Das Lyrische Ich beschreibt
Verdauungsprobleme seinerseits, denn es spricht von versteinertem Kot (V.8), der in den Schlamm der
Verwesung fällt. Auch das war typisch für die unmittelbare Zeit nach dem 2. Weltkrieg. Die Menschen
hatten wenig und vor allem schlechtes Essen, was dementsprechend zu Magen-Darm Erkrankungen führte.
In der dritten Strophe geht es um die Gedanken des lyrischen Ichs, was vermutlich mit Eich gleichzusetzen
ist. So erinnert er sich an Gedichtsverse von Hölderlin (V.9,10), was schlussfolgern lässt, dass er sich
nach vergangenen Zeiten sehnt.
Die Verse 11 und 12 haben daraufhin wieder einen Umbruch zur Landschaft, sodass die letzte Strophe mit
Versen Hölderlins eingeleitet wird, die besagen, dass "Er" nun gehen soll (V.13). Dies bewirkt ein abruptes
Ende im Gedicht. Das Wort "davon schwimmen" (V.16) bestärkt diesen Eindruck.
Sprachlich gesehen beherbergt das Gedicht viele Stilmittel. So behilft sich Eich unter anderem der Onomatopoesie
(V.8 "klatscht" oder V.9 "schallen). Des Weiteren benutzt er zahlreiche Alliterationen wie z.B. "funkelnde
Fliegen" (V.3) oder "Gärten, gestrandetes" (V.6). In den Versen 13 und 14 wird diese Wortbetonung sogar noch
verstärkt, indem die gleichen Laute auf den betonten Silben liegen. ("Geh aber nun und grüße die schöne Garonne")
Ferner befindet sich zwischen den Versen vier und fünf ein Enjambement, welches dafür
sorgt, dass beide Strophen miteinander inhaltlich verbunden sind. Dem Wort "Schlamm" aus Vers 7 haucht er mit
dem Attribut "Verwesung" Lebendigkeit und Vergänglichkeit (Vanitas) ein. Ein Vergleich lässt sich in Vers 11
finden, in dem Eich, Schnee mit Reinheit in Verbindung setzt und die Wirkung der Reinheit dadurch deutlich
stärker projiziert (Schnee = Weiß = Rein = Unschuld).
Die Vergänglichkeit des irdischen wird im letzten Vers mittels der Metapher "Schwimmen die Wolken davon"
erneut aufgegriffen und gibt dem Gedicht seine besondere Note.
Die Wortfelder in dem Gedicht bewirken eine eindeutige inhaltliche Spaltung. So wird einerseits von Fäkalien
(Urin, Kot) gesprochen und andererseits die Landschaft beschrieben (bewaldete Ufer, gestrandetes Boot,
Wolken und die Garonne).
Die Wirkung der Adjektive unterstreicht diese These eindeutig. Zum einen "stinkend" (V.1) und zum anderen
"versteinert" (V.8), als übertragender Begriff für die Natur.
Die Syntax wirkt aufgrund der kurzen Sätze abgehackt (z.B. V.6, 10) und
die Haltung des Sprechers ist überwiegend neutral und wertfrei. Trotz der widerwärtigen Zustände klagt der
Erzähler nicht über die Situation. Die Gefühlslage ist also zufrieden und die Erzählweise reflektierend.
Die Adressaten sind das gemeine Volk und die Menschen, weil die Situation die Eich beschreibt, für den
Grossteil des Volkes zu der Zeit eine Alltägliche war.
Setze Ich mich in meiner Analyse mit meiner Interpretationshypothese auseinander, wurde Ich bestätigt. Es
werden die Missstände kurz nach dem 2. Weltkrieg angeführt. Die Überschrift "Latrine" lässt nur schwer
Schlüsse auf das zuvor ungelesene Gedicht zu, weil ein Gedicht mit der gemeinten Überschrift "Plumpsklo"
nur diffizil einzuordnen ist.
Im Gegensatz zu anderen Gedichten dieser Zeit der Trümmerliteratur behandelt Eich ein ganz anderes
Spektrum an Themen. So ist nicht die Rede von zerstörten Häusern oder verlorenen Familien, sondern schlicht
von einer dreckigen Toilette.
Die Intention scheint also tiefgründig jene zu sein, dass Eich mit seinem Gedicht auf eine Unverwechselbare
Art und Weise, die katastrophalen Zustände reflektieren will.