1)
Der kurze Prosatext ist eine Parabel, da die Parabel ein Ende besitzt, welches kein Merkmal
einer Kurzgeschichte ist. Außerdem kann man diesen Prosatext mehrfach deuten, ein weiterer Punkt,
der für die Parabel spricht. Es werden zudem keine Namen genannt.
2)
Z.1-3 Die kaiserliche Botschaft und der Auftrag an das "Du"
Z. 3-8 Die Abfertigung des Boten
Z. 8-11 Der anfänglich leichte Weg des Boten
Z. 11-20 Die unüberwindbaren Hindernisse
Z. 21-.. Das warten auf die Botschaft
3)
Der Kaiser:
- mächtig
- besitzt "[…] das Zeichen der Sonne […] (Zeile 10)
- legt besonderen Wert darauf, dass der Bote die Nachricht auch wirklich weiß und wiedergeben kann
- todkrank
- hat beim Sterben viele Zuschauer
Der Bote:
- gut gebaut, stark
- "[…] kräftiger Mann […]" (Zeile 8-9)
- "[…] unermüdlicher Mann […]" (Zeile 8-9)
- kann bei "[…] freiem Feld fliegen […]" (Zeile 12)
"Du":
- "[…] jämmerlicher Untertan […]" (Zeile 1)
- klein scheu, geduldig
- "[…] winzig […]" (Zeile 1)
Bedeutungen:
Das "Du" im Prosatext spiegelt wahrscheinlich Kafka selbst wieder, da er in dem Brief, den er
an den Vater geschrieben hat, sich selbst als klein und verängstigt vor dem Vater beschreibt. Somit
wäre der "Kaiser" der Vater, der mächtig, stark ist und uneingeschränkte Macht besitzt. Vor ihm versucht
sich das "Du" zu verstecken.
Den Boten kann man nicht klar identifizieren. Man weiß nicht, welche Person er spielt. Eventuell könnte der
Bote die Mutter oder die Schwester sein. Dementsprechend als eine Verbindungsperson zwischen dem Vater und seinem Sohn. Die Idee
der Bote könnte ein Freund (Max Brod?) sein, ist ebenfalls nicht ganz abwegig, da weder die Mutter noch die Schwester in den Augen Kafkas
eine starke Persönlichkeit hatte.
4)
Hindernisse:
große Menge, Wohnstätten ohne Ende, Palast, Treppen, Höfe, zweiter Palast, wieder Treppen und Höfe, wieder ein
Palast, äußerstes Tor, Mitte der Welt
Bedeutung:
Hier gibt es viele verschiedene Bedeutungen bzw. Interpretationsvarianten. Zum einen die riesigen Räume von den
Palästen, Höfen usw.. Um die Interpretationshypothese von vorhin wieder aufzugreifen, vermute ich, dass
diese Räume die Verlorenheit und Angst Kafkas widerspiegeln, wahrscheinlich aufgrund der schlechten Beziehung zu
seinem Vater. Ein "Labyrinth" mit keinem Ausgang. Sprich der Bote wird sein Ziel, in Kafkas Fall die Versöhnung mit
seinem Vater, wohl nicht erreichen.
5)
Der Einschub "so heißt es" stellt von Anfang an klar, dass niemand es genau weiß, ob die folgende Geschichte wahr
ist oder nur ein erfundenes Gerücht ist, da es nicht überprüfbar ist.
6)
Zeile 1-8 Indikativ Perfekt
Das Geschehen liegt lange zurück und wird bis in die Gegenwart erzählt.
Zeile 9-11 Indikativ Präsens
Der Übergang ins Präsens während des Versuchs des Boten, weiterzukommen, deutet darauf hin, dass die Handlung
wohl noch bis in die Gegenwart andauert.
Zeile 12f. Irrealis
Hier wird noch mal deutlich, dass der Bote es wohl nicht schafft, seinen Auftrag zu erfüllen.
Zeile 13f. Indikativ Präsens
Wie in der Zeile davor unterstreicht Kafka ernüchtert die fruchtlose Mühe des Boten.
Zeile 14 Futur I
Es besteht auch keine Hoffnung für die Zukunft.
Zeile 14-18 Irrealis
Hier werden nochmals die unendlichen Schwierigkeiten steigernd verdeutlicht und dass sie unüberwindbar sind.
Durch "niemals" wird eine klare Zukunftsperspektive deutlich.
Zeile 18ff. Präsens
Die "Residenzstadt" scheint das größte Hindernis für den Boten zu sein, an dem er wohl immer noch bezwingen will.
7)
In dem Kurzprosatext "Eine kaiserliche Botschaft" von Franz Kafka geht es um eine "Botschaft", die der Kaiser einem
"jämmerlichen Untertan" durch einen Boten zukommen lässt. Problematisch ist, dass der Bote nicht aus dem Palast herauskommt, weil immer
wieder neue Hindernisse den Weg versperren. Nach meinem ersten Textverständnis will Franz Kafka
von seinem schlechten Verhältnis zu seinem Vater berichten. Mit dem jämmerlichen "Du" sieht er warscheinlich sich selbst und den Kaiser
als sein Vater. Die Versöhnungsnachricht kommt aufgrund der Hindernisse nicht an und durch den Tod des Kaisers gibt es
keine weitere Chance auf eine Versöhnung.
8)
Kaiser
gibt Auftrag
Bote nimmt ihn an und macht sich auf den Weg
trifft auf Hindernisse
versucht, die zu überwinden
verzweifelt, da sich immer wieder neue Hindernisse auftun
jämmerlicher Untertan wartet geduldig auf die Botschaft
Botschaft kommt nicht an
9)
Auch "Vor dem Gesetz" ist eine Parabel in der es wie in "Eine kaiserliche Botschaft" um eine Aktion geht,
welche aber letztendlich scheitert. In "Vor dem Gesetz" wird das Gesetz mit seinen vielen Räumen und Wächtern
beschrieben. Dasselbe erkennt man auch in "Eine kaiserliche Botschaft" wieder. Hier existieren auch unendlich
viele Räume, die einem Labyrinth gleichen und einem Hindernisse in den Weg stellen. Die Wächter aus "Vor dem
Gesetz" spiegeln die Hindernisse in dieser Parabel wider.
Der Mann vom Lande ist mit dem jämmerlichen Untertan zu vergleichen und der Kaiser mit dem Gesetz.
In beiden Parabeln finden sich Widersprüche. In "Vor dem Gesetz" der, dass das Tor zum Gesetz einerseits nur
für ihn geöffnet ist, zum anderen aber er nicht hineinkommt. Bei "Eine kaiserliche Botschaft" ist der Widerspruch
der, dass am Anfang der Bote als kräftig und unermüdlich beschrieben wird, er aber an den Hindernissen nicht vorbei kommt und
letztendlich scheitert.