Das Expressionistische Gedicht "Die Stadt" von Georg Heym 1911 verfasst,
handelt von dem monotonen und öden Großstadtleben.
Nach meinem ersten Leseverständnis beschreibt Heym in seinem Lyrischen Werk den sich
täglich wiederholenden Ablauf der Menschen in der Stadt.
Das Gedicht gliedert sich in vier Strophen und insgesamt 14 Versen. Die ersten beiden Strophen
sind Quartette und die letzten beiden Terzette, sodass eindeutig ein Sonett vorliegt.
Das Reimschema lautet: abba, cddc, eee, fff. Daraus folgt, dass in den Quartetten ein umarmender
Reim und in den Terzetten ein Endreim vorliegt.
Metrisch gesehen ist das Gedicht ein fünfhebiger Jambus (unbetont, betont). Die Kadenzen
sind ausnahmslos männlich.
Strophe 1 beschreibt die Stadt im kollektiv, als Aneinanderreihung von blinkenden Fenstern.
Die folgende Strophe fasst die Unübersichtlichkeit und Unsymmetrie der Stadt auf. Viele Menschen
bewegen sich in ihr aber jeder ist dabei vollkommen Anonym. Geburt und Tod sind ebenso von keiner
Bedeutung, denn sie wirken wie ein ewiger Kreislauf in Strophe 3. Die letzte Strophe endet
apokalyptisch mit dem Feuer, was in der ferne schon wartet.
Das Gedicht beginnt mit Vers 1 mit der Beschreibung der Nacht, die durch das Wort "weit", endlos
erscheint. Die Wolken zerreißen sich geradezu vor dem Anblick des Mondes, was der ganzen Szenerie
noch mehr Dramaturgie verleiht (V.2). In Vers 3 beginnt Heym dann mit der Beschreibung der Stadt an
sich, die durch die tausenden Fenster (Hyperbel), die sich aneinander reihen, monotoner nicht wirken
könnte. Personifiziert wird das ganze im vierten Vers durch die Augenlider, die stellvertretend für
die Lichter in den Fenstern stehen, die an- und ausgeschaltet werden. Dabei wirken die Lichter alle identisch
rot und klein (V.4).
So wird in der ersten Strophe schon deutlich, was Georg Heym an der Stadt stört. Ihm missfällt die
absolute städtebauliche Gleichheit.
Im Gegensatz dazu stehen die unübersichtlichen Straßen, auf denen chaotische Zustände herrschen (V.5).
Eine Vielzahl von Menschen die durch die Stadt reisen, wirken durch das Wort "schwemmen" (V.6) unwichtig
und unbedeutend. Selbst jene, die aus fernen Städten kommen und die Stadt wieder verlassen, haben sich
bzw. mussten sich, an diese Anonymität anpassen (V.8). Die Stadt lässt die Menschen gefühlsmäßig abstumpfen
und zwängt sie aus ihrem Individuum, in ein starres Kollektiv, wo jeder nur noch sich Selbst ein Begriff ist. (V.7)
Durch die besondere Form des Sonettes, gibt es zwischen den Quartetten und Terzetten einen Inhaltlichen Bruch.
Während die Terzette, These und Antithese darstellt, folgt in den Quartetten eine Synthese. Also eine
Zusammenfassung bzw. ein Ergebnis aus den Erkenntnissen und Schlussfolgerungen der Quartette.
Geburt und Tod wirken wie ein ewiger Kreislauf und das eigentliche Leben, was dazwischen sein sollte,
fällt durch seine Unbedeutsamkeit ganz heraus (V.9). Zusätzlich stören die gebärenden Frauen durch ihre
Schreie und jene, die dem Tode schon nahe sind, stören durch ihr jammern (V.10). Demzufolge wirkt alles
überflüssig, weil die einzigen Leute die daran Notiz nehmen, jede sind, die sich daran Stören.
Die gesamte 4 Strophe ähnelt einem apokalyptischen Zustand (Weltuntergang). So nähert sich in Vers 12
das Feuer der Zerstörung auf die Stadt hinzu. Die Farbe rot, sowie das Wetter tauchen erneut auf, aber
wirken diesmal bedrohlicher als in der ersten Strophe, sodass die vierte Strophe eindeutig die Synthese
auf die erste Strophe darstellt.
Zusammenfassend für die vierte Strophe kann man sagen, dass sich eine Gefahr auf die Stadt hinzu bewegt.
Ob Georg Heym den 1. Weltkrieg und seine mitbringende Zerstörung voraussah?
Hauptsächlich lassen sich in dem Gedicht Nomen finden, die den Wortfeldern Wetter (Wolkenschein, Mond,
Nacht, Wolkenwand) und Mensch (Lider, Aderwerk, Gebären, Tod, Hand) zuzuordnen sind. Dies sind zugleich
auch die beiden Themengebiete, mit denen sich Heym in seinem Gedicht "Die Stadt" lyrisch ausdrückt, um
seine Intention zu verdeutlichen.
Die Adjektive (weit, rot, klein, stumpf, eintönig, matt, blind, dunkel) wirken allesamt Hoffnungslos und
negativ. Auf das gesamte Gedicht bezogen ist so alles sehr kritisch.
Ein Lyrisches Ich lässt sich, wie auch in der Vielzahl der anderen Gedichte von Heym, nicht finden. Diese
Subjektivität hat eine ausgewogene Neutralität in der Harmonie des Gedichtes zur Folge.
Stilistisch verwendet Heym eine Vielzahl von Rhetorischen Mitteln. Zahlreiche Zeilensprünge lassen sich im
Gedicht finden (V. 1-2; 3-4; 7-8; 13-14). Personifikationen sind ebenfalls vorhanden (V. 4, "blinzeln mit
den Lidern"; V.13 "mit gezückter Hand"). Die Personifikationen, sowie der Vergleich in Vers 5 (Aderwerk),
hauchen dem ganzen Gedicht mehr Menschlichkeit ein, sodass es nicht starr und unlebendig wirkt. Zuletzt ist
noch ein Parallelismus (V. 7 "stumpfer Ton von stumpfem Sein"), sowie eine Hyperbel (V.3 "tausend Fenster")
von Bedeutung. Diese verstärken die Wirkung der Monotonie und Gleichheit heben sie explizit heraus.
Insgesamt wirkt das Leiden so unendlich lang und Aussichtslos.
Setzt man die Interpretation mit der Interpretationshypothese in Verbindung, so wurde Ich bestätigt. Das
lyrische Werk handelt über die Problematik der Gleichförmigkeit und des reizlosen Alltags, zu der Zeit
des Expressionismus. Georg Heym kritisiert die negative Seite der Stadt und findet sich nicht mit der
Bedeutungslosigkeit des Individuums ab. Zusätzlich ahnt er vermutlich, den Ersten Weltkrieg schon drei
Jahre im voraus und sieht ihn als Gefahr für das Großstadtleben und seine Bewohner.
Heym will mit seinem Gedicht ausdrücken, dass die Menschen aufhören sollen, sich kantenlos in das
Gesamtbild der Stadt einzufügen, um so einer laufenden Anonymisierung zuvor zu kommen.
Objektiv betrachtet stellt Heym auf eine unverwechsliche Art und Weise die Problematiken in der Großstadt
dar, sieht aber keinerlei Zukunft in einem Leben in der Stadt.